Beteiligung aller ist ausdrücklich erwünscht
Wie stehen die Bürger dem digitalen Wandel gegenüber? Wie kann man den Prozess aktiv mitgestalten? Diese und weitere Fragen standen bei einem Online-Bürgerdialog im Fokus.
stv
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LAUDA-KÖNIGSHOFEN.
Der Event ging im Rahmen einer Videokonferenz unter Beteiligung zahlreicher engagierter Bürger über die Bühne. Das Verfassen und Empfangen von E-Mails auch außerhalb des heimischen Schreibtisches ist im Zeitalter der allgegenwärtigen Smartphones längst Alltag geworden. Viele haben wohl schon einmal eine Fahrkarte über das Smartphone gebucht, einen Termin über das Internet reserviert oder Urlaubsgrüße als Video übermittelt. Auch darüber hinaus haben sich die zu erwartenden Möglichkeiten der Digitalisierung äußerst schnell vervielfältigt und ein Ende ist noch längst nicht abzusehen.
Das Forschungsprojekt „Digitaldialog 21“, eine Kooperation der Stadt Lauda-Königshofen mit der Hochschule Furtwangen, befasste sich mit der Situationsanalyse und einer Abschätzung der individuellen und gesellschaftlichen Folgen in Stadt und Land. Bei einem Zukunftsdialog konnten die Beteiligten ihre Wünsche, Erwartungen, Erfahrungen und Ängste einbringen. Der persönliche Meinungsaustausch als offene Mitgestaltung war den Machern dabei ebenso wichtig wie eine anschließende Beratung, also Handlungsempfehlungen auf Basis der gestellten Fragen zu geben.
Knapp 500 Fragebögen ausgewertet
Über die Sommermonate hat eine Befragung zum digitalen Wandel in Lauda-Königshofen stattgefunden (wir berichteten). Online, per Telefon oder Papierfragebogen wurden die Bürger dazu aufgerufen, an der Erstellung eines umfassenden Stimmungsbildes teilzuhaben. Die gute Resonanz und rege Teilnahme lässt sich auch zahlenmäßig gut belegen: Insgesamt wurden 495 gültige Fragebögen eingereicht – was auch im Vergleich zu den anderen an der Befragung teilnehmenden Kommunen eine sehr gute Rücklaufquote darstellt. Die Zwischenauswertung ergab, dass die Bürger die Digitalisierung grundsätzlich positiv bewerten – gerade im Vergleich zu anderen Kommunen stehe die Bevölkerung von Lauda-Königshofen dem digitalen Wandel sehr viel offener gegenüber. Die Datenqualität in den jeweiligen Stadtteilen ergab einen gemischten Eindruck: Während die mobile Datenqualität für 48 Prozent als (etwas bis sehr) unzufrieden eingestuft wird, äußerten 40 Prozent Zufriedenheit.
Bei der Bewertung der Internetqualität ist es umgekehrt: Hier sind weitaus mehr Bürger (54 Prozent) grundsätzlich zufrieden als unzufrieden (35 Prozent). Die Erreichbarkeit der Stadtverwaltung über die digitalen Kanäle ist für 73 Prozent der Befragten relativ bis äußerst wichtig. Die hohe Nutzungsrate der städtischen Informationskanäle, angeführt von der Homepage, dem städtischen Newsletter und dem Facebook-Auftritt, ist ebenfalls beachtlich.
Ferner gaben 97 Prozent der Befragten an, das Internet regelmäßig zu nutzen. Rund 50 Prozent verbringen beruflich mindestens vier Stunden mit digitalen Geräten. Im privaten Bereich liegt der Wert bei 20 Prozent. Für 24 Prozent hat sich durch Corona eine höhere private Nutzung ergeben und für 35 Prozent eine höhere berufliche Nutzung. Über zwei Drittel nutzen das Internet zudem ein- oder mehrmals täglich für Information, E-Mails und Instant-Messaging-Dienste (wie zum Beispiel WhatsApp).
Über 76 Prozent halten eine frühzeitige Behandlung im Bildungssystem für eher bis sehr wünschenswert. Rund 58 Prozent der Befragten wünschen sich Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene. Etwa jeder Dritte würden an Diskussionen, Workshops und Bürgerdialogen teilnehmen oder Weiterbildungsangebote besuchen. Schließlich erwartet ein Drittel der Befragten in diesem Bereich durch die Digitalisierung einen (sehr) großen Nutzen.
Nach einer kurzen Vorstellung der Ergebnisse der Befragung wurde in einem Workshop-Format, moderiert durch das Team der Hochschule Hochschule Furtwangen, zu den Chancen, Herausforderungen und den Ideen für die gemeinsame Gestaltung des digitalen Wandels in Lauda-Königshofen diskutiert.
Jan Gruß, Akademischer Mitarbeiter bei der Hochschule Furtwangen, fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen: „Der Online-Bürgerdialog war auch im Rahmen unserer Forschung sehr spannend und hat nochmals die vielfältigen Perspektiven des digitalen Wandels verdeutlicht. In den Diskussionen wurde auch besonders hervorgehoben, wie wichtig es ist, alle Bürger bei der Digitalisierung mitzunehmen und den digitalen Wandel gemeinsam zu gestalten.“
Bürgermeister Dr. Lukas Braun, der den Online-Digitaldialog mit einem Impuls eröffnete, bedankte sich bei den Organisatoren für die ergiebige Durchführung des Formats, sicherte noch für dieses Jahr die Einführung eines Online-Terminreservierungssystems bei der Stadtverwaltung zu und wünscht den weiteren Diskussionsforen, die nach Möglichkeit auch als Präsenzveranstaltung stattfinden, viel Erfolg. Neben Lauda-Königshofen nehmen noch elf weitere Kommunen mit einer Größe von 1250 bis 15 500 Einwohner (insgesamt über 75 000) aus dem ländlichen Raum in Baden-Württemberg am Forschungsprojekt „Digitaldialog 21“ teil. Das Projekt wird vom „Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg“ (MWK) aus Mitteln der Landesdigitalisierungsstrategie „digital@bw“ bis 2022 gefördert.
Mit der Hochschule für Medien in Stuttgart, der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und zivilgesellschaftlichen Kooperationspartnern erforscht ein interdisziplinäres Team der Hochschule Furtwangen um Professor Dr. Stefan Selke und Professor Dr. Stefanie Betz in einem breit angelegten Dialogprozess Chancen, Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten des digitalen Wandels und setzt hierbei den Schwerpunkt auf den ländlichen Raum in Baden-Württemberg.
stv